Dieses Interview entstand in Vorbereitung
der Ausstellung „Fünf vor Sechs“.
Es gibt Antworten auf interessante Fragen,
die dem Fotografen Bernd Kiessling häufig gestellt wurden und werden:
Warum machen Sie das eigentlich?
Antwort: Weil ich weiß, dass das
Leben kurz und so ernst ist, dass man es ohne ein wenig Spaß gar
nicht ertragen könnte.
Ich möchte hier Claus Rose zitieren:
Wir Fotografen haben einfach mehr vom Leben.
Das Fotografieren relativ unbekleideter
junger Frauen macht Ihnen also Spaß?
Antwort: Vor und während des
Shootings nicht unbedingt. Da stehe ich unter einem starken Erfolgsdruck.
Ich schwitze und vergesse, wo ich die Objektive und die Flash-Cards hingelegt
habe. Manchmal verlege ich sogar die Kamera. Die Anspannung legt sich erst,
wenn ich und vor allem die Modelle mit den Ergebnissen einigermaßen
zufrieden sind.
Die Erinnerungen an gelungene Shootings
sind wiederum angenehm. Und unsere Erinnerungen sind das Einzige, das uns
keiner nehmen kann. Nicht einmal das Finanzamt.
Was sagt eigentlich Ihre Frau zu Ihrem
Hobby?
Antwort: Ich bin seit 36 Jahren mit der
gleichen Frau verheiratet. Da hat sie einiges durchmachen müssen und
ich bin immer wieder erstaunt, wie lange sie es mit mir ausgehalten hat.
Ich glaube, sie hat es aufgegeben, mir vorzuschreiben was ich zu tun habe
und vor allem, was ich zu lassen habe. Manchmal glaube ich sogar, dass
sie ein ganz klein wenig stolz auf mein fotografisches Schaffen ist.
Warum machen Sie eigentlich so eine Ausstellung?
Antwort: Damit meine Fotos nicht nur auf
der Festplatte meines Rechners herumliegen und bestenfalls von mir und
den Modellen angesehen werden. Ich möchte damit auch weitere Menschen
erreichen und denen eventuell eine Freude bereiten.
Wie planen Sie Ihre Fotos?
Antwort: Gar nicht. Ich lasse mich
von den Modellen und den Locations inspirieren.
Fast immer gehe ich ohne jede konkrete
Idee in ein Shooting.
Dennoch entstehen manchmal vorzeigbare
Fotos.
Da denke ich zum Beispiel an ein Shooting
mit Eve:
Auf dem Weg zu der vorgesehenen Location
sah ich am Straßenrand Apfelbäume stehen. Da dachte ich bei
mir, wenn sie schon Eve heißt, könnte man ja ein Foto zum Thema
Eva und der Apfel machen. Das habe ich dann auch getan. Leider war in dem
Moment keine Schlange zur Hand. Nicht mal eine Blindschleiche. Das Foto
fand ich dennoch gelungen. Und Eve fand das auch. Das war mir besonders
wichtig.
Wie kommen die Modelle zu Ihnen?
Antwort: Das ist ganz verschieden.
Manche kommen mit dem Auto, manche kommen auch mit dem Zug. Die hole ich
dann mit meinem Auto in Ilmenau am Bahnhof ab weil die Bahnstrecke nach
Langewiesen verschrottet wurde.
Das ist interessant. Meine Frage zielte
aber mehr darauf ab, wie die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und den Modellen
zustande kommt.
Antwort: Ach so. Dann hatte ich das falsch
verstanden. Es ist so:
Es gibt zum Beispiel junge Frauen, die
den Wunsch haben, den Frühling ihres Lebens
in anspruchsvollen Fotos zu dokumentieren,
was ich übrigens sehr vernünftig finde.
Und die suchen dann einen Fotografen,
von dem sie glauben, dass er dazu in der Lage wäre. Die Modelle finden
mich manchmal im Internet und manche sehen auch Fotos von mir bei der besten
Freundin, die diese stolz herumzeigt. Das ist mir am liebsten. Es hat auch
schon einen Fall gegeben, dass ein befreundeter Fotograf mich einem seiner
Modelle empfohlen hat. Das hat mich ganz besonders gefreut.
Was sind das für Modelle?
Antwort: Keine Ahnung was das für
Modelle sind; ich glaube, ganz normale junge Frauen eben. Jedenfalls keine
Profis, die sich für Geld ausziehen. Die mag ich nämlich nicht.
Bezahlen Sie eigentlich die Modelle dafür,
dass sie sich vor Ihnen ausziehen?
Antwort: Nein. Ich lege sogar Wert
darauf, dass sich die Modelle ungestört ihrer Bekleidung entledigen
können und das Shooting entspannt beginnen. Ich schaue ihnen beim
Ausziehen jedenfalls nicht zu.
Werden Sie von den Modellen bezahlt?
Antwort: Ich beziehe ein auskömmliches
Gehalt und bin zur Sicherung meines bescheidenen Lebensstandards nicht
auf Zahlungen meiner Modelle angewiesen. Es hat allerdings schon Fälle
gegeben, dass ich von Modellen als Dank für die geleistete Arbeit
mit Konfekt belohnt wurde.
Was erwarten Sie von Ihren Modellen?
Antwort: Vor allem sollten sie ein interessantes
Gesicht haben und das besitzen, was man Ausstrahlung nennt. Kurz gesagt:
Sie müssen mir sympathisch sein. Alles andere liegt
im Geschick des Fotografen. Vor allem
sollten sie sich mit ihren Fotos identifizieren.
Und intelligent sollten sie sein. Die
Auswertung der Ergebnisse und anerkennende Worte sind mir wichtig. Schließlich
ist Applaus das Brot des Künstlers. Damit will ich nicht gesagt haben,
dass ich mich als Künstler betrachte. Kunst sind meine Fotos bestimmt
nicht.
Seit wann beschäftigen Sie sich mit
Aktfotografie?
Antwort: Schon lange, aber intensiv seit
ungefähr 12 Jahren.
Würden Sie heute noch Bilder aus dieser
Zeit veröffentlichen?
Antwort: Aber sicher. Mein Stil hat sich
nicht geändert, lediglich mein Anspruch an die technische Ausführung.
Glauben Sie, dass Sie eine spezifische
Handschrift besitzen?
Antwort: Das weiß ich nicht.
Ich versuche Abwechslung in meine Fotos zu bringen, Wiederholungen zu vermeiden
und vielfältige Möglichkeiten zu versuchen. Ich habe mich aber
immer bemüht, ästhetische Fotos zu schaffen und weibliche Schönheit
mit Stil in einem Bild festzuhalten. Ob das meine persönliche Handschrift
ist, müssen andere beurteilen.
Auffällig ist die Vielfalt Ihrer Fotos
an verschiedenen Locations. Was ist der Grund dafür?
Antwort: Die Arbeit im Studio bringt wenig
Neues. Ich glaube, da sind die Möglichkeiten weitestgehend erschöpft.
Neue Inspirationen bekomme ich an interessanten Aufnahmeorten. Zum Glück
gibt es in und um Ilmenau noch genügend davon.
Dennoch arbeiten Sie nach wie vor auch
im Studio.
Antwort: Das stimmt. Mit einem neuen Modell
beginne ich immer zuerst im Studio.
Ich glaube, das ist für ein Modell,
das zum ersten Mal vor der Kamera steht, einfacher.
Noch eine letzte Frage: Warum heißt
die Ausstellung eigentlich „Fünf vor Sechs“? Hat das etwas mit den
fünf Fingern an der Hand der jungen Dame auf dem Foto des Plakates
zu tun?
Antwort: Keineswegs. Ich habe allerdings
schon von solchen Assoziationen gehört und war darüber mehr als
erstaunt. Sehen Sie sich doch das Foto bitte genauer an: Die Uhr zeigt
auf Fünf vor Sechs. Außerdem beginnt die Vernissage um 17.55
Uhr. Und auch das ist Fünf vor Sechs. Im Übrigen sind Bilder
aus den letzten fünf Jahren zu sehen. Daher die Fünf. Und Sechzig
bin ich auch noch nicht. So einfach ist das. Ich bin ein wenig verwundert,
dass Sie da nicht selber drauf gekommen sind.
Noch
schöner kann man das hier lesen.
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